Mit 3D-Punktwolken vermessen, gestalten und planen

Vorteile von Laserscanning-Technologien in verschiedenen Bauphasen

Über alle Branchen hinweg versuchen Unternehmen, mit dem Tempo des digitalen Wandels Schritt zu halten. Während einige zu Veränderungen gezwungen werden, sehen andere die Chancen für die Verbesserung von Arbeitsabläufen, zur Kosteneinsparung oder zur Qualitätssteigerung – dies gilt auch für Architektur und Bauwesen.

Das digitale Bauen spielt mittlerweile während des gesamten Lebenszyklus eines Projekts eine Rolle, vom Konzept bis zur Fertigstellung – und darüber hinaus. Wegweisend ist hier der BIM-Ansatz (Building Information Modeling), der auf der Erstellung eines realitätsgetreuen 3D-Modells, dem virtuellen Zwilling, basiert. Hierfür werden alle relevanten Objektdaten digital erfasst, kombiniert und modelliert – um dann als Grundlage für die architektonische Konzeption, den Bau und die Verwaltung zu dienen. 

Für die Erfassung der hierzu notwendigen Daten hat sich in den letzten Jahren das 3D-Laserscanning als besonders präzise und effiziente Methode etabliert.

Die weite Verbreitung dieser Technologie liegt in ihrer hohen Erfassungsgeschwindigkeit, Kostenersparnis und beispiellosen Präzision begründet. Im Gegensatz zu einer Vielzahl an separaten und wiederholten Einzelmessungen lässt sich mithilfe von Laserscannern ein Planungsbereich praktisch vollständig in einem Schritt abbilden. Klassische Einsatzbereiche liegen zum Beispiel in der Architektur sowie im Hoch- und Tiefbau – sei es für die Vermessung von Bestandsobjekten und räumlichen Gegebenheiten, zur Dokumentation von Baufortschritten bzw. einzelner Bauphasen bis hin zum Facility Management. So können Bauprojekte effizienter und mit höherer Qualität realisiert und verwaltet werden, was nicht zuletzt mit erheblichen Kostenersparnissen einhergeht. Weitere Anwendungsgebiete sind insbesondere der Rohrleitungs- und Anlagenbau, die Archäologie, der Denkmalschutz, Reverse-Engineering und Qualitätssicherung sowie die Forensik und die Unfallforschung.

Wie funktioniert 3D-Laserscanning und -modeling genau?

Beim Laserscanning werden Oberflächen mit einem Laser abgetastet und so berührungslos Millionen von Punkte innerhalb weniger Minuten automatisch gemessen. Mit dieser Methode lassen sich daher selbst komplizierte Objekte präzise und detailliert erfassen. 

Moderne 3D-Laserscanner basieren auf einer Kombination verschiedener Technologien, wie z.B. Laserdistanzmesser, HDR- und Wärmebildkameras, GeoTagging oder LiDAR. Sie erreichen dabei eine Genauigkeit von bis zu einem Millimeter. In den letzten Jahren wurden zudem enorme Fortschritte in Hinblick auf die Anzahl der gemessenen Punkte erzielt. Aktuelle terrestrische Laserscanner (TLS) kommen heute auf Messgeschwindigkeiten von bis zu zwei Millionen 3D-Messpunkte pro Sekunde. Während der Einsatz solcher Laserscanner früher nur für größere Unternehmen und Bauprojekte rentabel und praktikabel war, hat sich der Markt mit der Einführung kompakter und nutzerfreundlicher Geräte (wie z.B. dem Leica-„BLK360“) auch für kleinere Bauunternehmen und Architekturbüros geöffnet. Auch in punkto Anwendungsvielfalt tut sich einiges: So ermöglichen heute handgeführte 3D-­Laserscanner wie der Leica-„BLK2GO“ den mobilen Einsatz und das Scannen selbst schwer zugänglicher Objekte. Außerdem können große Gebäude auf diese Weise schnell und wirtschaftlich in 3D erfasst werden, auch wenn ihre Räume über Treppen verbunden sind. Moderne Handheld-Laserscanner werden zusammen mit einem Tablet verwendet und bieten Echtzeitvisualisierung der Punktwolkendaten bereits während des Scanvorgangs. 

Aus den Rohdaten gescannter physischer Objekte – wie äußere und innere Gebäudeelemente, Prozessanlagen oder Topografien – werden mithilfe integrierter Software dreidimensionale Punktwolken abgeleitet. Anhand einer Punktwolke lassen sich später unter anderem Einzelmaße wie z.B. Längen und Winkel bestimmen. Durch die Kombination mit Panoramabildern können die Punktwolken zudem mit photorealistischen Texturen versehen werden. 

Im nächsten Schritt werden die erfassten 3D-Punktwolken an Computer übertragen und stehen so für die weitere Bearbeitung mithilfe branchen­spezifischer Analyse-, Vermessungs-, Modellierungs-, Reporting- und Kollaborationsprogramme zur Verfügung. Hierfür sei die Software Leica-„Cyclone 3DR“ als Beispiel genannt – mit dieser All-in-One-Lösung lassen sich komplette Konstruktionen und Modelle überprüfen, aber auch einzelne Merkmale (Wände, Böden, Türen etc.) extrahieren und vermessen, Boden­ebenheitsanalysen durchführen etc. Im Ergebnis entstehen aus den Punktwolken detailgetreue 3D-Modelle von Gebäuden, Strukturen und Räumen, die ein vollständiges digitales Abbild der Messszene darstellen. Dieser „Virtuelle Zwilling“ geht in den einzelnen Bauphasen mit verschiedenen Vorteilen einher:

Vermessung, Planung, Konzept und 3D-Gestaltung: Durch Erstellung und gemeinsame Nutzung digitaler Modelle wird sichergestellt, dass das Konzept optimal an den realen Gegebenheiten ausgerichtet ist. Außerdem ermöglichen sie eine frühe Phase der Visualisierung zwischen Architekten und Kunden.

Arbeit auf der Baustelle: Via Posi­tionierungstools können die digitalen Modelle auf die Baustelle übertragen und in maschinengesteuerte Geräte eingespeist werden – seien es Bohrmaschinen oder Bagger. Dadurch wird nicht nur das Ausmaß teurer menschlicher Fehler reduziert, sondern auch eine sicherere Arbeitsumgebung geschaffen. Mithilfe von Tablets haben verschiedene Gewerke, wie Dach- und Fensterbau, Elektrik und Klempnerei, zudem die Möglichkeit, vor Ort anhand der 3D-Modelle die genaue Position von Wänden, Leitungen und Rohren zu bestimmen. Während des Baus werden über 3D-Laserscanning weitere Daten erfasst und As-­Built-Prüfungen durchgeführt, um Baufortschritte in Übereinstimmung mit dem Entwurf zu validieren. Während dieser Phase geht es einerseits darum, fehlerhafte Abweichungen und Konflikte frühzeitig zu erkennen. Andererseits hilft die Dokumentation der verschiedenen Bauphasen später auch bei der Verortung mittlerweile verdeckter Bauteile oder der nachträglichen Behebung von Konstruktionsfehlern.

Infrastruktur-Anbindung: Derselbe Prozess lässt sich für den Ausbau von unterstützender Infrastruktur wie Straßen, Brücken, Eisenbahnen und Tunneln anwenden. Mobile Kartierungstechnologie dient hier zur schnellen Erfassung und Dokumentation der Umgebung und später zur Durchführung von As-Built-Prüfungen in Echtzeit.

Facility Management und Wartung: Die während der Planungs- und Bauphase erfassten Daten helfen während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes dabei, seinen Zustand regelmäßig zu überprüfen und fundierte Entscheidungen zu treffen, um eine lange Lebensdauer des Bauwerks zu gewährleisten. Insbesondere bei der Ausführung von Wartungsarbeiten oder Renovierungsmaßnahmen sind die erstellten 3D-Modelle von erheblichem Nutzen. Darüber hinaus kann eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Aufschlüsse über den aktuellen Zustand des Objekts geben und valide Informationen für die Sanierung oder den Abriss bereitstellen.

Fazit

Richtig angewandt können digitale Technologien und Methoden alle Beteiligten eines Bauprojekts produktiver machen, Fehler eliminieren und so zur rechtzeitigen und budgetgerechten Rea­lisierung beitragen. 

Die Erfassung und der laufende Austausch von validen Daten zwischen allen Beteiligten in sämtlichen Phasen des Bauprozesses – vom Konzept bis zur Fertigstellung und Verwaltung – reduziert Fehlkalkulationen hinsichtlich Zeit sowie Kosten und hilft mit, die Branche in die Zukunft zu führen.

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