Software erleichtert Arbeit mit unüberschaubarer Datenmenge
In der australischen Metropole Brisbane erreicht das Projekt am Queen‘s Wharf neue Dimensionen: Es erstreckt sich über eine Gesamtfläche über 12 Hektar im Hauptgeschäftsviertel und ist mit Abstand die größte Stadtteilentwicklung in der südlichen Hemisphäre - und gleichzeitig eines der größten Bauvorhaben, das jemals in Queensland in Angriff genommen wurde. Angesichts der immensen Ausmaße, der extremen Komplexität und der nahezu unüberschaubaren Menge an Informationen setzt das Team hinter dem Bauprojekt auf Softwarelösungen, die eine gute Zusammenarbeit ermöglichen und den Arbeitsalltag erleichtern.
Brisbane ist die drittgrößte Stadt Australiens, ein florierendes Wirtschaftszentrum, das aus einer ersten europäischen Siedlung am Queen‘s Wharf in den frühen 1800er Jahren entstand. Jetzt wird dieser historische Ort sorgfältig restauriert und neugestaltet, um über 8.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen und zusätzliche Touristen in die Stadt zu locken. Unter der Leitung des Destination Brisbane Consortium werden im Rahmen des 3,6 Mrd. AUD teuren Megaprojekts vier neue Türme gebaut und mehrere historische Gebäude restauriert. Begonnen wurde 2017, nach der geplanten Fertigstellung 2024 wird Queen‘s Wharf mehrere Hotels, Wohnungen sowie öffentliche Flächen umfassen, die in der Größe 12 Fußballfeldern entsprechen, und zusätzlich auch eine neue physische Verbindung über den Fluss bieten.
Der Bau eines neuen Stadtteils in dieser Größenordnung - und das alles neben einem Fluss und in einem historischen Stadtzentrum - ist äußerst komplex. Das Projektteam unter der Leitung des Architekturbüros Cottee Parker hat sich dieser Herausforderung gestellt. 39 Gewerke wie Architekten, Ingenieure, Bauunternehmen oder Zulieferer sind am Projekt beteiligt und verwenden dabei alleine 16 verschiedene Softwaretools. Um die riesigen Mengen an Planungsdaten, die täglich erzeugt werden, zu managen und zu koordinieren, setzt das leitende Architekturbüro komplett auf digitale Zusammenarbeit und offene Schnittstellen. Die BIM-Methode ermöglicht es dem Team, alle wichtigen Informationen des Projekts zentral, übersichtlich und für alle Beteiligten leicht zugänglich zu organisieren. 3D-Modelle, Daten und Spezifikationen können so sauber dokumentiert, aufbewahrt und vom Team koordiniert werden. Dieser Ansatz verbessert die Effizienz, erhöht das Verständnis der Mitarbeitenden für die Anforderungen und reduziert die Verschwendung von Ressourcen jeglicher Art.
Eigentümerin besteht auf Open-BIM-Ansatz
Beim Queen‘s Wharf Projekt verantwortet der Digital-Engineering-Spezialist DBM Vircon das Projektmanagement des gesamten Bauprojekts. Das bedeutet, dass über 340 Modelle kontinuierlich organisiert und im Schnitt rund 215 Einzelmodelle pro Woche verarbeitet werden müssen. Die Eigentümerin, das Destination Brisbane Consortium, hat dabei bereits von Beginn des Projekts an auf den Einsatz des herstellerunabhängigen Open-BIM-Ansatzes bestanden, der es allen Beteiligten ermöglicht, die von ihnen bevorzugten Softwareprogramme einzusetzen. Gabor Gulyas, Projektleiter und Operations Manager für Digital Engineering bei DBM Vircon, hat dazu eine klare Meinung: „Interoperabilität und ein konsistenter Open-BIM-Workflow sind für dieses Projekt unerlässlich. Es führt kein Weg daran vorbei, wenn man bedenkt, dass in Spitzenzeiten bis zu 300 Personen gleichzeitig an den Konstruktionsmodellen arbeiten und über 200 verschiedene Modelle koordinieren.“
Zur eingesetzten Software gehören auch vier Produkte der Nemetschek Group, die in den Hauptphasen Projekts genutzt werden. Sie decken den gesamten Lebenszyklus ab - von der Planung bis zum Betrieb - und erleichtern u. a. durch die Schnittstellen-Kompatibilität Architekten, Ingenieuren, Bauunternehmern und Nutzenden gleichermaßen die Arbeit und ermöglichen einen nahtlosen Informationsfluss.
Die Teamarbeit in der Entwurfsphase wurde durch „Archicad“ von Graphisoft ermöglicht. Nach der Philosophie des „Integrierten Designs“ konnten Architekten und Ingenieure dieselben Modelle in Echtzeit bearbeiten und überprüfen. Dadurch ist ein besseres Verständnis für die Absichten der anderen Projektteilnehmer entwickelt worden, das dazu führte, dass Missverständnisse, die zu Fehlern auf der Baustelle führen, frühzeitig erkannt und behoben wurden. Die Open-BIM-Kompatibilität des Tools bedeutete, dass alle Modelle in das Programm eingebracht und koordiniert werden konnten, auch wenn sie nicht in dieser Software entstanden. So wurden Barrieren abgebaut und die Teamarbeit verbessert.
Frühzeitige Fehlerprüfung verringert Risiko einer Bauverzögerung
Um das Risiko für Planungs- und Designfehler zu minimieren, nutzte das Team zudem die Software zur Qualitätssicherung von Solibri. Damit wurden die Konstruktionsinformationen auf Fehler geprüft, bevor sie an die Auftragnehmer vor Ort weitergegeben wurden. Dieser Ansatz verringert das Risiko, dass ein Teil eines Projekts aufgrund eines Mangels an klaren Designinformationen nicht oder nur mit Verzögerung gebaut werden kann bzw. schlimmstenfalls falsch gebaut wird. Diese Gefahr ist traditionell in den wichtigen Übergabephasen zwischen einzelnen Gewerken sehr hoch. Die Prüfung mittels Software spart somit Zeit und Geld, da mögliche Fehler rechtzeitig erkannt werden.
Neben der Notwendigkeit, die Richtigkeit der Informationen kontinuierlich zu prüfen und zu gewährleisten, kann es bei Großprojekten wie Queen’s Wharf eine weitere Herausforderung sein, die benötigten Informationen überhaupt zuverlässig zu finden und auf sie zuzugreifen. Vor allem, wenn dies direkt auf der Baustelle erfolgen soll. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, allen Beteiligten gleiche Bedingungen zu bieten, damit sie die benötigten Informationen schnell finden sowie einfach öffnen und nutzen können – unabhängig davon, wie versiert sie in Sachen Digitalisierung sind. Mit Bluebeam „Revu“ hat Cottee Parker dem Team das Durchsuchen Tausender von physischen Dokumenten erspart, indem ein digitaler, papierloser Workflow eingeführt wurde. Der Ansatz hat die Zeit, die für die Überprüfung von Zeichnungen aufgewendet wird, um unglaubliche 50 % reduziert. Zudem konnten Entscheidungen, an denen mehrere Partner beteiligt waren, wesentlich schneller getroffen werden, da die Software intuitiv nutzbar ist. Die Dimensionen, die schiere Menge an Informationen, die bei einem Projekt wie diesem anfallen, sind nur schwer vorstellbar: In etwa sind es ca. 10.000-mal mehr Dokumente als bspw. beim Bau eines normalen Wohnhauses.
Zeit- und Kostenersparnis durch richtige Software
Für die Verarbeitung der Datenflut vertraute das Projektteam auf „dRofus“. So konnten alle Informationen, die aus verschiedenen Quellen kamen, konsolidiert sowie zentral an einem Ort aufbewahrt und verwaltet werden. Während die Modellierung und Eingabe von Daten in der Entwurfs- und Bauphase von entscheidender Bedeutung war, werden diese Informationen nach der Fertigstellung von Queen‘s Wharf eine noch größere Rolle spielen: Sie helfen bei der Verwaltung sowie Instandhaltung des neuen Stadtteils, bei dem die Mietdauer vorab auf 99 Jahre festgeschrieben wurde.
Das Beispiel dieses Mega-Projekts, das Brisbane zum zweiten Mal in seiner Geschichte neues Leben einhauchen soll, zeigt eindrucksvoll die Möglichkeiten der Baubranche, Städte zu formen und damit wirtschaftliches Wachstum auszulösen. Die enorme Komplexität eines solchen Vorhabens stellt die Projektbeteiligten jedoch vor einige Herausforderungen. Die richtigen Technologien und Softwaretools können dazu beitragen, den Teams die Arbeit zu erleichtern sowie Fehler zu vermeiden. Dies führt wiederum zu einer Zeit- und Kostenersparnis.