Digitale Datenübernahme

Open-BIM statt Insellösungen

Planungsbüros sehen sich bei der Gründung vielerlei Herausforderungen gegenüber: Aufträge akquirieren, an Wettbewerben teilnehmen, bestmögliche Entwürfe und technische Planungen abgeben, und dazu alle betriebswirtschaftliche Aspekte im Auge behalten. Und dann ist da die Frage nach BIM. Ist das Thema wichtig?

Viele Jahre haben die Architekten Martin Bethge und Marcus Gbur als freiberufliche Dienstleister Ingenieursleistungen für andere Büros erbracht, sie lernten vieles kennen und sammelten Erfahrungen. Im Jahr 2009 entschieden sie sich, ein eigenes Architekturbüro in Magdeburg zu gründen: Das AI.Studio. Bereits mit der Namensgebung drücken sie aus, dass sie Architekten- und Ingenieurswissen in ihrer Arbeit vereinbaren. Das Büro bietet die Bearbeitung aller Leistungsphasen der HOAI an.

„Eine Bauaufgabe von der ersten Vision bis zur Umsetzung zu begleiten, ist für uns die beste Möglichkeit, die Langlebigkeit eines Gebäudes und das Ganzheitliche zu denken“, sind sich die beiden Geschäftsführer einig. Stete Akquisearbeit ließ ihr Aufgaben- und Auftragsspektrum kontinuierlich wachsen.

Das Aufmaß wird digital verarbeitet.
Bild: AI.Studio GmbH

Das Aufmaß wird digital verarbeitet.
Bild: AI.Studio GmbH

Die technikaffinen Inhaber investierten von Beginn an in Software, nun nutzen sie die effiziente Übernahme von Gebäudedaten aus einer CAD in die Ausschreibungssoftware „Orca AVA“. Für sie war es der erste Schritt im BIM-Prozess.

Von der Drohne in die CAD-Software

Seit Mitte 2019 bearbeiten sie mit dem Wohnpark im sachsen-anhaltischen Burg ein repräsentatives Vorhaben. Für die dortige Wohnungsbaugenossenschaft haben sie auf einem zen­tralen Grundstück 43 Wohneinheiten geplant. Im Entwurf entstand ein Mix aus barrierefreien Zwei-, Drei- und Vier-Raumwohnungen.

Mit einem Klick werden alle gleichartigen Maße im IFC-Modell angezeigt.
Bild: AI.Studio GmbH

Mit einem Klick werden alle gleichartigen Maße im IFC-Modell angezeigt.
Bild: AI.Studio GmbH

Vor Beginn der Planungen haben die Architekten Martin Bethge und Marcus Gbur das Gelände mit einer Drohne aufgemessen und aus den Fotos ein 3D-Modell erstellt, das digitale Verfahren der Photogrammetrie. Dieses 3D-Modell wurde in die CAD-Software übernommen, die Planung konnte perfekt in die Höhenlage des Geländes und in die städtebauliche Situation eingefügt werden. Ein Brutto-Grundflächen-Modell nach DIN 277 liefert für den Investor damit auch einen ersten Überblick zu Verkehrs-, Konstruktions- und Wohnflächen und damit zur Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens. Ihre Offenheit zur Nutzung neuer Technologien, ihre Software­affinität und ihre Überzeugung, digitale Werkzeuge als gewinnbringend anzusehen, machen es möglich, dass BIM bereits in ihrem nur vierköpfigen Büro Einzug hält.

Von CAD nach „Orca AVA“

Mit der Entscheidung für „Orca AVA“ hat AI.Studio in 2019 dazu den richtigen Grundstein gelegt. Das Komplettpaket unterstützt alle Leistungsphasen. Um die BIM-Thematik optimal zu fördern, setzt „Orca AVA“ auf den offenen IFC-Standard. Die digitale Datenübernahme aus 3D-CAD-Modellen erspart Fehler und schenkt Zeit. „Wir schätzen an der Software z.B. das strukturierte Layout, das eine schnelle Einarbeitung möglich macht. Man findet sich sofort im Workflow zurecht“, so Geschäftsführer Martin Bethge. „Für die Gewerkeschätzungen, die wir für die Besprechungen mit den Bauherren erstellen, erhalten wir auf Grund der Klarheit und Übersichtlichkeit oft positives Feed-back. Das macht es uns auch leicht, Alternativen in Materialien anzubieten, um so den Bauherren verschiedene Kostenvarianten vorstellen zu können.“ Bei der CAD-Software werden sie in den nächsten Wochen den Anbieter wechseln, für das Zusammenspiel mit Orca spielt das keine Rolle, der Austausch über die IFC-Schnittstelle funktioniert mit verschiedenen Herstellern. Mit BIM geht es für AI.Studio in die richtige Richtung: „Aus unserer Sicht wird das vernetzte Arbeiten große Vorteile und viele Erleichterungen bringen.“ 

In ihrem Büro vergeben sie die Leistungen einzeln. So können sie alle Qualitäten direkt beeinflussen. Die Kurztexte der LVs machen ersichtlich, was von ihnen kalkuliert wurde. Sehr hilfreich ist dabei das in die „Orca AVA“ übernommene 3D-Modell: „Ich möchte es beinahe schon als existentiell bezeichnen“, unterstreicht Martin Bethge die Wichtigkeit dieses Workflows. „Alle Prozesse werden von uns digital geplant, dem Bauherrn anschaulich durch fotorealistische Visualisierungen präsentiert und mit Kosten hinterlegt.“

Um dies effizient abwickeln zu können, nutzen die Architekten die Sicht „Gebäudegeometrie“ in „Orca AVA“. Im Wohnpark Burg wurden z.B. für die Balkone unbeschichtete Stahlbetonplatten geplant, um keine unnötigen Abdichtungsdetails zu schaffen und, um die Bewirtschaftungskosten für den Eigentümer niedrig zu halten. Die Menge der Balkone, ihr Volumen und damit das benötigte zu verbauende Material für das LV ziehen sie mit der zeitsparenden Funktion „Gleichartige Maße wählen“ aus der IFC-Datei: ein Gebäudeteil wird ausgewählt, mit einem Klick werden alle angezeigt und übernommen, die grafische Darstellung visualisiert die Auswahl. Wäre es ein mehrschichtiger Aufbau, könnten einzelne Komponenten separiert für die Mengen- und Massenermittlung herangezogen werden. Dass die Mengenberechnung VOB-konform mit Berücksichtigung z.B. der Übermessungsregel erfolgt, ist für die Architekten ein Muss.

Und der Blick nach vorne?

„Wir arbeiten möglichst papierlos und hoffen auf digitale Bauanträge. An Insellösungen sind wir nicht interessiert, sondern an einem effektiv funktionierenden Open-BIM. Für uns bedeutet das Gesamtheit, Kontinuität und Langlebigkeit“, so richten die Architekten von AI.Studio den Blick nach vorne.

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