Bauablauf im Einklang mit der Planung

Baumanagement-Software unterstützt transparenten und fristgerechten Baufortschritt

Das „Nyt Hospital Nordsjaelland“ (NHN) ist ein neues Krankenhaus, das derzeit in Nordseeland (Dänemark) errichtet wird. Mit einer Nutzfläche von 123.000 m² handelt es sich um eines der größten laufenden Bauprojekte im Land. Während des Bauablaufs wird die Software „Imerso“ eingesetzt, die den Workflow zwischen den beteiligten Gewerken koordiniert.

Das von den Architekten Herzog & de Meuron entworfene Krankenhausgebäude vereint zwei scheinbar widersprüchliche Ziele: den Wunsch nach einem großen zentralen Garten und der Notwendigkeit kurzer interner Verbindungen. Das Ergebnis ist eine Gebäudekreuzform, die über den Innenhof miteinander verbunden ist. Das Bau- und Ingenieurunternehmen NCC betreut den Bau des Projekts als Generalunternehmer. Die Bauarbeiten begannen im Dezember 2019 mit dem Ziel, dass der erste Patient Ende 2026 aufgenommen werden kann.

Qualitätskontrolle während der Bauausführung

Die Bauindustrie ist dafür bekannt, dass veraltete und ineffiziente Praktiken immer noch dominieren. Eine der Hauptherausforderungen in jedem Bauprojekt ist die Erstellung genauer und aktueller Dokumentationen, was bisher gebaut wurde (auch bekannt als „As-Built“-Dokumentation). Zusätzlich bedarf es einer systematischen Methode zur Verfolgung der Bauqualität und des Arbeitsfortschrittes, welche in der Lage ist, Abweichungen schnell, effizient und regelmäßig zu identifizieren. Der seit Jahren vorherrschende Kontrollstandard beruht nach wie vor auf manuellen Stichprobenkontrollen mit Checklisten und Fotos. Doch diese Methoden sind langsam, ungenau sowie subjektiv und erfassen dabei nur einen kleinen Teil der ausgeführten Arbeiten. Ohne eine vollumfängliche „As-Built“-Dokumentation und Qualitätskontrolle ist es daher äußerst schwierig sicherzustellen, dass das Gebäude gemäß den beabsichtigten Spezifikationen fristgerecht errichtet wird und alle Konformitätsmaßnahmen eingehalten werden. Das Fehlen von präzisen Daten über den Baustatus führt zu erheblichen Herausforderungen, mehrere Teams koordiniert und auf dem gleichen Stand zu halten.

Laut Anders Kaas, dem Projektleiter von NHN, basiert die Baustellenüberwachung größtenteils auf fachspezifischen Themen mit einem engen Fokus auf vordefinierte Probenbereiche, traditionell mit ausgedruckten Zeichnungen und Maßstabmessungen. „Bei einem großen Krankenhausprojekt wie unserem ist diese Aufgabe sehr zeitaufwändig, während gleichzeitig ein hohes Risiko besteht, dass kritische Elemente übersehen werden.“ Um diese Risiken zu minimieren, hat sich der Bauherr des Objekts für den Einsatz der Baumanagementsoftware von dem Unternehmen Imerso entschieden.

Lücke zwischen BIM und Baustelle schließen

Die von Imerso entwickelte Software arbeitet in drei Schritten, um die Ist-Situation auf der Baustelle mit den Bauplänen in BIM zu überwachen. Im ersten Schritt werden die BIM-Modelle hochgeladen, die dann als Leistungsziele dienen, um zu überprüfen, ob auf der Baustelle alles nach Plan verläuft. Der zweite Schritt besteht darin, die Ist-Situation auf der Baustelle mithilfe des von Imersos unterstützten 3D-Scanning-Verfahrens millimetergenau zu erfassen. Im dritten Schritt werden die automatisch bereitgestellten Inspektionsergebnisse auf der „Imerso“-Plattform vom Projektteam überprüft. Hier erhält man Berichte über die ausgeführten Arbeiten sowie frühzeitige Warnungen bei Abweichungen.

„Die Kombination von KI mit 3D-Scanning und BIM erlaubt Imerso den gesamten Prozess nahtlos automatisieren zu können, wobei Ergebnisse innerhalb von Stunden oder sogar Minuten geliefert werden. Alle Daten können dann in einer kollaborativen Online-Umgebung mit den Verantwortlichen geteilt werden“, erklärt Tilman Köberlein, CFO von Imerso.

Erwartungen für das digitale Baumanagement

Im Oktober 2021 erwarb der Auftraggeber einen 3D Laserscanner für den Einsatz mit „Imerso“. Der ursprüngliche Geschäftsplan rechnete mit erwarteten Kosteneinsparungen, die das Vierfache des Gesamtpreises für die Software und das Scanning-Equipment ausmachen sollten. Diese Kosteneinsparungen sollten aus drei Hauptbereichen stammen: einer effizienteren Baustel-
lenüberwachung, einer Reduzierung von Anträgen aufgrund von Ausführungsfehlern, und einer effizienten Erstellung von „As-Built“-Dokumentationen.

Anders Kaas berichtet: „Die Tatsache, dass Imerso es uns ermöglicht, morgens einen Bereich in 3D zu erfassen und nach der Mittagspause eine vollständige Analyse zur Überprüfung zur Verfügung zu haben, verbessert die Art und Weise, wie wir mit Qualitäts- oder Schnittstellenproblemen umgehen. Die tägliche Verwendung von 3D-Scanning auf diese Weise war zuvor nicht möglich.“

Effizienzgewinn in Bauüberwachung

Eine sofortige Verbesserung zeigte sich in einer höheren Effizienz bei der Überwachung des Baustellenstatus. Der Prozess zur Inspektion einer großen Anzahl von Elementen vor Ort, um jede Abweichung genau zu doku-
mentieren und diese Informationen anderen Projektmitgliedern zur Verfügung zu stellen, wurde drastisch verbessert.

„Durch den Vergleich der Geschwindigkeiten des neuen Ansatzes, gegenüber traditionellen Methoden, stellte sich heraus, dass die digitale Methode über 15-mal effizienter bei der Überwachung des Baustellenstatus ist, und dabei weniger als 10 % der Ressourcen herkömmlicher Methoden benötigt. Zudem liefert die Anwendung wesentlich hochwertigere Informationen“, erläutert Tilman Köberlein.

Ein ganzes Team würde mehr als ein Jahr mit traditionellen Inspektionsmethoden benötigen, um dieselbe Anzahl an Überprüfungen der Vor-Ort-Installationen zu erreichen, die Anders Kaas und zwei Praktikanten in 65 Tagen geschafft haben. Anders Kaas fügt hinzu: „Neben den messbaren Vorteilen sehen wir auch, dass eine umfassende Sicht auf die Qualitätskontrolle einen mindernden Effekt auf die Anzahl der Nacharbeiten hat und somit ein motivierendes Arbeitsumfeld schafft.”

Kostensenkung durch reduzierte Nacharbeiten

Nach 16 Monaten hat der Einsatz von Imerso bereits 440 Probleme unterschiedlicher Schweregrade verhindert. Durch die frühzeitige Erkennung mit vollen Kontextinformationen und Details, können die Projektteilnehmer schnelle Lösungen identifizieren, bevor es zu einer Kosteneskalation der Probleme kommt. Nach einer Analyse schätzt das NHN-Team eine konservative durchschnittliche Kosteneinsparung von 13.000 Euro pro vermiedenes Problem. Kaas betont: „Anstatt das Tool als Strafinstrument für den Bauunternehmer zu verwenden, haben wir eine kooperative Organisation mit den Bauunternehmen und Beratern eingerichtet, in der mögliche Probleme im Baustellenbüro diskutiert und weiter qualifiziert werden.“ Dies geschieht mehrere Monate bevor das Problem negative Auswirkungen auf das Projekt und das Budget oder den Zeitplan hat.

Nach etwas mehr als einem Jahr Einsatz von „Imerso“ und noch Jahren bis zur Fertigstellung des Projekts schätzt das NHN-Team, dass der neue Ansatz dem Projekt bisher schon mehr als 5,2 Mio. Euro gespart hat, die durch Nacharbeiten, Verzögerungen und beeinträchtigte Arbeitsproduktivität bei Verwendung traditioneller alternativer Methoden angefallen wären.

Detaillierte „As-Built“-Dokumentation aller Bauleistungen

Indem das 3D-Scanning so einfach wie das Aufnehmen eines Fotos gemacht wird, ermöglicht „Imerso“ den NHN-Teams, jede Bauphase des Projekts mit hochgenauen Daten zu erfassen, ohne komplizierte Arbeitsabläufe oder kostspielige Dienstleistungen von Drittanbietern zu benötigen. NHN schätzt, dass der Ansatz von Imerso 53-mal schneller ist bei der Erstellung der „As-Built“-Dokumentation, mit besserer Detailgenauigkeit und Qualität und dabei weniger als 2 % der Ressourcen der herkömmlichen Methoden benötigt. „Mit neueren Scannern wie dem BLK360 der zweiten Generation von Leica Geosystems kann die Dokumentationsgeschwindigkeit sogar noch weiter um das 5-fache gesteigert werden“, ergänzt Tilman Köberlein. Anmerkung der Redaktion: Eine aktuelle Marktübersicht bzw. einen Produktvergleich zu Scannern/3D-Erfassungsgeräten finden Sie ab der Seite XX in dieser Ausgabe).

Anders Kaas abschließend: „Die Entscheidung, den 3D-Scanning-Prozess während der laufenden Bauphase zu implementieren, stellte die traditionelle Arbeitsweise in Frage und führte zu anfänglichem Skeptizismus. Aber nachdem wir die Ergebnisse und Vorteile gesehen haben, erhalten wir jetzt wöchentlich Anfragen von allen Parteien nach neuen Anwendungsbereichen, die mit der Technologie erkundet werden sollen.“

COMPUTER SPEZIAL fragt nach

Die Software von Imerso kommt während des NHN-Projekts zum Einsatz. Wir haben bei Tilman Köberlein, CFO von Imerso, nachgefragt, mit welchen Scannern die Software kompatibel ist, wie Baufehler kommuniziert werden und wie eine Einführung in das Programm erfolgt.

COMPUTER SPEZIAL: Mit welchen Laserscannern ist die Software kompatibel?

Tilman Köberlein: Das Programm ist unabhängig von der Hardware. Das bedeutet, die Anwendung funktioniert mit jedem gängigen Laserscanner auf dem Markt, der das Standardformat e57 für Punktwolken produzieren kann.

COMPUTER SPEZIAL: Wie werden die ermittelten Bauabweichungen/Baufehler an die verantwortlichen Unternehmen kommuniziert?

Tilman Köberlein: Hier gibt es verschiedenen Möglichkeiten, je nach dem, was der Nutzende benötigt. Zur Kommunikation von Abweichungen kann zum Beispiel das Standardformat „bcf“ verwendet werden. Weil aber viele Kunden einen einfachen PDF-Bericht haben möchten, den sie per E-Mail verschicken können, gibt es auch diese Möglichkeit. Zur Baufortschrittskontrolle oder für die Funktion des automatischen „As-Built“-Updates können Daten zusätzlich im „ifc“-Format und im „csv“-Format exportiert werden. Darüber hinaus haben wir direkte Integrationen mit anderen Softwarelösungen, wie der „Autodesk Construction Cloud“, „Procore“, „Catenda“, bei denen man Daten per Mausklick direkt von „Imerso“ aus synchronisieren kann.

COMPUTER SPEZIAL: Wie lange dauert die Einführung (Schulung) für die Software? Und wie wird diese durchgeführt, das heißt, online oder vor Ort?

Tilman Köberlein: Die Verwendung von „Imerso“ ist unglaublich intuitiv. Da es eine Cloudlösung ist, muss nichts vor Ort installiert werden, man loggt sich einfach über den Browser ein. Das Aufsetzen eines Projektes dauert wenige Minuten, die Schulung nur zwei bis drei Stunden. Diese wird online über Video durchgeführt. Danach ist der Kunde in der Lage loszulegen. Dadurch, dass „Imerso“ skalierbar ist, kann man auch problem- und risikolos in einem kleineren Projekt starten und mal ausprobieren, und nach Bedarf später auf andere Projekte ausweiten. Und sollte es doch mal irgendwo hängen, haben wir einen Live-Chat Support, über den man in der Plattform mit meinen erfahrenen Kollegen direkt sprechen kann und die einem innerhalb von kürzester Zeit weiterhelfen. Das Wichtigste ist, dass beim Kunden alles läuft.

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