Cybersecurity? Dringender Handlungsbedarf!
Chancen und Risiken der vernetzten Planung und BauausführungDie digitale Landschaft verändert sich mit rasanter Geschwindigkeit. Neue Methoden wie Building Information Modeling (BIM) und künstliche Intelligenz (KI) halten verstärkt Einzug im Planungsalltag von Ingenieurbüros. Doch wie steht es um eine durchgängige Datenkontrolle und damit einhergehend um die Datensicherheit – sprich Cybersecurity? Hier trifft der Fortschritt vielfach auf Sicherheitslücken.
Wahre Technik-Enthusiasten lassen sich da meist nicht aus der Ruhe bringen, denn das Angebot mit den unzähligen Vorteilen durch KI ist groß. So wird z. B. auf der Internetseite von Wunderbuild – einer Software für Bauunternehmer und Bauleiter – über „KI-gestütztes Design und Planung“ geschwärmt: „KI wird zu einem integralen Bestandteil des Entwurfs- und Planungsprozesses. Architekten und Ingenieure werden mit KI-Systemen zusammenarbeiten, um innovative Entwürfe und optimierte Projektpläne zu erstellen. KI wird auch Anpassungen in Echtzeit auf der Grundlage sich ändernder Bedingungen und Anforderungen ermöglichen.“
Automatisierung im Genehmigungsverfahren
Nicht nur in der Entwurfsphase soll KI unterstützen. Mit dem Plan geht es ins Bauamt – die Firma Syte jubelt über „KImberly“ – eine Anwendung, die mithilfe von KI einen Beitrag „zur Automatisierung zentraler Schritte im Baugenehmigungsverfahren“ leisten soll. Auf der Internetseite des Anbieters heißt es dazu: „‚KImberly‘ übernimmt wichtige Aufgaben im Baugenehmigungsverfahren, wie regelkonforme Analysen (Abgleich mit Bebauungsplänen und gesetzlichen Vorgaben) und gibt Empfehlungen für Sachbearbeitende: Basierend auf den Analysen liefert das System fundierte Vorschläge für Entscheidungen.“
Vision von autonomen Baustellen
Auch auf der Baustelle selbst versprechen Anbieter umfassende Automatisierung. Genauso abgefahren geht es Wunderbuild zufolge auf „völlig autonomen Baustellen“ zu: „In der Zukunft könnten wir Baustellen sehen, die fast völlig autonom arbeiten. Drohnen, Roboter und KI-gesteuerte Systeme werden zusammenarbeiten, um Aufgaben mit minimalen menschlichen Eingriffen auszuführen. Dies wird zu einem noch nie dagewesenen Maß an Effizienz und Sicherheit führen“, sind sich die Softwarespezialisten sicher.
Vernetzte Systeme und Sensorik
Die Grundlage für diese Vision bildet eine enge Verzahnung digitaler Systeme. Dazu wird in einem Blog-Beitrag auf den Internetseiten des US-amerikanisches IT-Unternehmen Samsara, das Software, Sensoren und Analytik für industrielle und logistische Abläufe anbietet, geschrieben: „Der wahre Fortschritt liegt in der Integration von KI, dem Internet der Dinge (IoT) und BIM in einer zentralen Plattform. Diese Verbindung schafft die Grundlage für eine vollständig vernetzte Baustelle, die weit über traditionelle Telematiklösungen hinausgeht.“
Auch Sensoren sollen künftig eine entscheidende Rolle spielen. So können Sensoren in Baumaschinen, Materialien oder sogar in der Baustelle selbst installiert werden, um Echtzeitdaten und Informationen zu sammeln. Diese Daten können zur Überwachung von Baufortschritten, zur Optimierung von Arbeitsabläufen und zur Prognose von möglichen Problemen oder Engpässen verwendet werden. Ein Beispiel ist der „Instatiq P1“ – ein mobiler 3D-Betondrucker, der tragende Wände direkt auf der Baustelle aus Normbeton druckt. Das automatisierte System verspricht kürzere Bauzeiten und mehr Nachhaltigkeit. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) sieht zudem vor, dass Sensoren direkt während des Druckprozesses in Bauteile integriert werden können.
Vernetzung bis zur Smart City
Die Vision geht dabei über einzelne Bauprojekte hinaus. So sollen – nach Vorstellung von Wunderbuild – „Intelligente Gebäude und Infrastruktur“ entstehen: „Die Integration von KI und IoT (Internet der Dinge) wird zu intelligenten Gebäuden und Infrastrukturen führen. Diese Strukturen werden in der Lage sein, ihren eigenen Zustand zu überwachen, den Energieverbrauch zu optimieren und sich an die Bedürfnisse ihrer Bewohner anzupassen.“ Diese Gebäude sollen zudem eng mit städtischen Strukturen verbunden sein.
Sicherheitslücken trotz digitalem Fortschritt
Bei all dem Fortschritt gerät ein Aspekt jedoch leicht in den Hintergrund: die Sicherheit der eingesetzten Systeme. Die Fähigkeit der Protagonistinnen, sichere Prozesse zu betreiben, scheint sich jedoch umgekehrt zu ihrer Kreativität zu verhalten: Untersuchungen sollen gezeigt haben, „dass Zeichenfolgen wie ‚123456‘, ‚Passwort‘ und ‚aaron431‘ zu den häufigsten Passwörtern in der Bauwirtschaft gehören.“ Dies ist eine gefährliche Situation, da Passwortknacker für „123456“ nur 1 Sekunde und für „aaron431“ 16 Sekunden benötigen.
Überhöhtes Sicherheitsgefühl und reale Risiken
Die eigene Fehlbarkeit wird dabei grundsätzlich ausgeschlossen: „Neun von zehn Unternehmen bewertet eigene Cybersicherheit als gut.“ Dies ist das Ergebnis einer Umfrage zur Cybersicherheit in Unternehmen, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gemeinsam mit dem TÜV-Verband unlängst durchgeführt hat. Doch hier liegen die Einschätzungen meist weit von der Realität entfernt.
Mit den Chancen der Digitalisierung wächst auch die Angriffsfläche für Cyberkriminelle. Baustellen, die zunehmend von vernetzten Steuerungen und IoT-Geräten abhängig sind, können durch gezielte Hackerangriffe lahmgelegt werden. Manipulierte Baupläne, gestohlene Projektdaten oder Angriffe auf zentralisierte Steuerungssysteme gefährden nicht nur Bauprojekte, sondern können auch schwerwiegende Sicherheitsrisiken für Gebäude und Infrastrukturprojekte nach sich ziehen. Dabei sind nicht nur Maschinen betroffen. Auch das Baumaterial kann ein potenzielles Einfallstor für Cyberangriffe sein, wenn z. B. zur Mischung und Messung von Baumaterialien internet- und cloudbasierte Technologien genutzt werden.
Verantwortung und rechtliche Folgen
Rechtlich liegt die Verantwortung klar bei den Bauunternehmen. 2018 urteilte der Bundesgerichtshof: „Auf einer Baustelle ist primär der einzelne Bauunternehmer verkehrssicherungspflichtig.“ Juristen sagen auch: „Der Unternehmer ist in erster Linie für die Sicherheit der Baustelle verantwortlich.“ Nils Schmidt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Vorstand im DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte e.V., ergänzt: „Verantwortlich zu sein bedeutet jedoch nicht nur, für eigene Pflichtversäumnisse gerade zu stehen, sondern auch für die Versäumnisse derer zu haften, die im Auftrag tätig sind. Das betrifft alle, die an Planung, Entwicklung, Einrichtung oder Nutzung von Software beteiligt sind, mit deren Hilfe vernetzte Geräte gesteuert oder personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen – innerhalb und außerhalb der eigenen Institution.“
Dringender Handlungsbedarf
Expertinnen und Experten mahnen daher zu schnellem Handeln. Bernhard Metzger, Unternehmensberater in der Bauwirtschaft, rät: „Um die Bauindustrie zukunftssicher zu machen, müssen Unternehmen proaktiv in Cybersecurity investieren. Sichere Authentifizierungsverfahren, End-to-End-Verschlüsselung, regelmäßige Sicherheitsupdates und die Sensibilisierung von Mitarbeitenden sind essenzielle Maßnahmen, um den steigenden Cyberbedrohungen effektiv zu begegnen. Cybersecurity ist längst keine Option mehr, sondern eine unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Bauwirtschaft.“
Prävention als Investition
Dem schließt sich auch die bpa bau-plan-asekurado Versicherungsmakler GmbH an und verlangt zu handeln, bevor es zu spät ist: „Die steigenden finanziellen Schäden durch Cyberangriffe unterstreichen den Aufruf zu proaktiven Maßnahmen. Investitionen in Cybersicherheit sind nicht nur eine Verteidigung gegen finanzielle Verluste, sondern auch eine nachhaltige Investition in den Ruf und die Stabilität dieser grundlegenden Industrien.“
