Was sind AIA und BAP?

BIM-Projekte in der Praxis strukturieren

Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungsplan (BAP) sind wichtige Grundlagen für die erfolgreiche Umsetzung einer modellbasierten Gebäudeplanung. Doch was steckt hinter den beiden Begriffen? Was sind die damit verbundenen Anforderungen an den koordinierenden Architekten und seine Projektpartner und wer bietet Unterstützung bei der Erarbeitung von AIA und BAP? Diese Fragen bewegen viele Architekten und Ingenieure, die mit ihrem ersten umfassenden BIM-Projekt starten.

Grundsätzlich beschreiben die AIA als sog. Auftraggeber-Informationsanforderungen den Informationsbedarf, den ein Auftraggeber oder Bauherr an seinen Auftragnehmer oder Architekten hat. So ist u. a. darin festgelegt, welche Daten von welchem Partner zu einem bestimmten Zeitpunkt und mit welcher Detailtiefe im Projektverlauf vorzulegen sind. Hinzu kommen ergänzend die Auftraggeber-Anforderungen an Architekturgestaltung und Konstruktion, die Nutzung oder erforderliche technische Standards. In gewisser Weise sind die AIA eine Fortschreibung des altbekannten Raumprogramms, das jedoch erweitert ist um Informationsanforderungen, Verantwortlichkeiten und IT-Vorgaben. Letztere sind vielen Planern schon aus den bisherigen CAD-Richtlinien bekannt. Ein BIM-informierter Bauherr wird weiterdenken und den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks betrachten: von der Planung über den Betrieb hinweg bis zur Sanierung oder Abriss und Baustoff-Recycling.

Kerstin Hausknecht, Geschäftsführerin der AEC3 GmbH aus München, beschäftigt sich tagtäglich mit BIM-Prozessen und deren Grundlage AIA und BAP. Ihre Dienstleistungsplattform „BIMQ“ bietet Support bei exakt diesen Themen. Sie sagt, der Begriff Auftraggeber-Informationsanforderungen muss künftig viel weiter gefasst werden: „Der Auftraggeber ist nicht der einzige, der hier Einfluss nimmt. Es sind genauso der Nutzer oder die Planer, die hierbei mitreden. Wichtig ist es, insbesondere den BAP als eine kooperative Aufgabe aller Beteiligten zu Beginn eines Projektes zu verstehen.“

Auftraggeber und Bauherr

Das Verständnis dafür, dass lange vor dem ersten Spatenstich über Betrieb, Sanierung oder gar Rückbau des Gebäudes nachgedacht wird, muss sich bei den Auftraggebern zunächst entwickeln. Und nicht nur die Architekten und Fachplaner erlernen den Umgang mit digitalen Planungsprozessen. Für Auftraggeber und Bauherren ist die BIM-Methode ebenfalls neu. In Forschungsprojekten und unter Testumgebungen sind die spezifischen Anforderungen, die Informationstiefe oder die Austauschstandards bereits definiert. In der breiten Anwendung, im Alltag, muss sich jedoch noch zeigen, welche Informationen für das Projekt relevant und in welcher Leistungsphase sie bereitzustellen sind. Kerstin Hausknecht: „Dank der AIA haben wir eine bessere Planungsfortschrittskontrolle, von der alle profitieren. Mit den vordefinierten Anforderungen wird ein technischer Qualitätscheck möglich. Ich kann vergleichen: Was waren die Informationsanforderungen und sind sie von allen erfüllt? Auch Sonderfachleute, die oft kein eigenes Fachmodell erstellen, beispielsweise Brandschutzplaner, wissen dann genau, welche Parameter sie dem Architekten für sein Modell bereitstellen müssen.“

BIM-Planungsprozess

Innerhalb des BIM-Workflows kommt der Planungssoftware eine besondere Bedeutung zu. Hat der Architekt die koordinierende Rolle im Planungsprozess inne, ist sie das zentrale Werkzeug, in dem Architekturmodell und Fachmodelle zusammengeführt und koordiniert werden. Die AIA lassen sich schon zum Projektstart mit BIM-Planungslösungen wie „Archicad“ in den Programmworkflow einbinden. Die spezifischen BIM-Vorgaben von Plattformen wie „BIMQ“ und die darin eingebetteten Arbeitsschritte, Teilprozesse sowie die nötige Detail- und Informationstiefe für die jeweilige Planungsphase können direkt in „Archicad“ übernommen werden. „BIMQ“ bietet den Export der benötigten Eigenschaften aus seiner Datenbank für verschiedene BIM-Planungslösungen und BIM-Prüftools an. So wird es mit der individuellen BIM-Software möglich, die AIA fundiert, vertrags- und planungssicher zu fixieren und im Projekt zu verankern. Darüber hinaus ist „BIMQ“ eine optimale Lösung für die Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten – selbst, wenn eine AIA nicht vom Auftraggeber gefordert ist. Der Architekt wird damit zum kompetenten Koordinator einer ganzheitlichen Planung.

Kursbuch fürs Projekt: Der BIM-Abwicklungsplan (BAP)

Der BIM-Abwicklungsplan definiert, wer die geforderten Informationen in welcher Form bereitstellt und wie die Ziele der AIA von jedem Einzelnen zu erreichen sind. Er ist verbindlich für alle Beteiligten im Planungsprozess und kann, anders als die AIA, im Planungsverlauf von den Projektbeteiligten angepasst werden. Und er ähnelt einem klassischen Handbuch. Kerstin Hausknecht: „Der BAP ist im Prinzip ein Projekthandbuch, der um die BIM-spezifischen Themen ergänzt wird. Er schafft z. B. Klarheit darüber, welche Modellierungsrichtlinien für alle gelten, wann im Projektverlauf welcher Modellierungsgrad von jedem Einzelnen zu erbringen oder welcher Modelleinfügepunkt zu wählen ist.“

Damit wird deutlich: der BAP legt den Kurs für alle fest. Und er soll den Planungsprozess sicherer machen, die Fehlerquote verringern und die Qualität der Planung erhöhen. Bei der Arbeit in einem BIM-Projekt, so stellt Kerstin Hausknecht heraus, ist der BAP somit alternativlos: „Solange Architekten und Planer nicht BIM-orientiert arbeiten, denkt jeder von ihnen: ‚Das ist alles neu.‘ Das stimmt so aber nicht. Sie sollten sich besser sagen: ‚Ich arbeite jetzt einfach modellbasiert. Das ist das Einzige, was neu ist.‘ Und wer sich für BIM entscheidet, braucht AIA und BAP.“

Die Erarbeitung von Auftraggeber-Informationsanforderungen und BIM-Abwicklungsplan kann neben komplexen Großprojekten ebenso für kleinere Projekte sinnvoll sein, wenn eine modellorientierte Planung erfolgt. Die Umfänge der AIA und der daraus erarbeitete BAP sind dann nicht so umfassend, wie im Großprojekt, definieren aber trotzdem auf wenigen Dokumentseiten technische Anforderungen, Open BIM- oder Closed BIM-Einsatz und die kollaborative Arbeitsweise der Planungsbeteiligten.

Unterstützung im BIM-Lernprozess

Die Sinnhaftigkeit eines BAP und der vorangestellten AIA ist unbestritten. Doch bisher sind nur wenige Architekten „sattelfest“ bei ihrer Erstellung und Ausarbeitung. Hier gibt es jedoch Unterstützung von verschiedenen Seiten, die unabhängig vom Informationsstand des BIM-Interessierten fundiert Auskunft geben. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen ist mit seinem „BIM-Frühstück“ in Kooperation mit der Bayerischen Architektenkammer nur einer der Anlaufpunkte. Hinzu kommen die regionalen BIM-Cluster und versierte BIM-Berater wie AEC3 und Kerstin Hausknecht. Auf Bundesebene gibt es ebenfalls wichtigen Support, der in der Breite ankommt: Bereits im Sommer 2019 wurde das nationale BIM-Kompetenzzentrum des Bundes initiiert. Heute steht mit „BIM Deutschland“ eine zentrale Anlaufstelle für alle zur Verfügung, die zu BIM erste Orientierung suchen oder sich mit dem Thema digitale Planung umfassend befassen möchten.

In den AIA sind folgende drei Teilbereiche detailliert*

1. Technical

Technische Anforderungen. Hierzu gehören die Festlegung auf eine gemeinsame Projektplattform, spezifische Softwarelösungen oder der grundsätzliche Detaillierungsgrad bei der Modellierung.

2. Management

Hier werden die Abläufe beschrieben, die ein BIM-Projekt erfordert. Dazu gehören u. a. die Festlegung der Verantwortlichkeiten von Projektbeteiligten, Sicherheitsrichtlinien und -standards für den Datenaustausch oder die Festlegung von Arbeitssitzungen am Planungsmodell. Unter „Management“ fließen die konstruktiven und architektonischen Anforderungen ein.

3. Commercial

Im Wesentlichen umfasst dieser Teilbereich die Beantwortung der sog. „W“-Fragen: Wer liefert wann was an Informationen und mit welcher Inhaltstiefe? Ebenso sind hier besondere Qualifikationen und Kompetenzen der Partner beschrieben. 

*Nach der Definition Employer’s Information Requirements EIR der NBS UK

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