Punkte oder Wolken?

Produktvergleich 3D-Aufmaßgeräte

Digitale 3D-Messgeräte versprechen präzise Aufmaße ohne Medienbrüche. Welche Lösungen für Planer und Handwerker gibt es, worauf sollte man achten und wann sind Dienstleister sinnvoller?

Die Digitalisierung fängt mit dem Aufmaß an. Werden Messdaten digital erfasst, spart man nicht nur einen kompletten Arbeitsschritt, die fehlerträchtige manuelle Eingabe der Messwerte in den Rechner. Man spart auch Zeit und Personal, aber auch Ärger – etwa wenn man teures Material mit langen Lieferzeiten aufgrund fehlerhafter Messdaten falsch bestellt oder zuschneidet. Ein präzises, korrektes Vor-Ort-Aufmaß ist für eine professionelle Planung, Produktion und Montage entscheidend. Die digitalen Messdaten lassen sich für Pläne, Angebote, Abrechnungen oder für die CNC-Fertigung weiterverwenden. Dabei gibt es für jede Messaufgabe eine passende Lösung. Dieser Beitrag geht auf die am häufigsten eingesetzten tachymetrische Systeme und 3D-Laserscanner näher ein.

Tachymetrie misst selektiv

Tachymetrische Messgeräte basieren auf einem Tachymeter (Kombination aus Winkel- und Distanzmessgerät) oder speziellen Aufmaßgeräten. Diese erfassen selektiv wichtige Messpunkte eines Objektes über den Horizontal- und Vertikalwinkel sowie die gemessene Distanz in Form von 3D-Raumkoordinaten. Das meist auf einem Stativ montierte, dreh- und schwenkbare Messgerät wird im Raum aufgestellt und eingeschaltet, worauf es sich selbstständig orientiert und nivelliert. Anschließend können die Messpunkte durch Drehen und Schwenken des Messgerätes von Hand oder halbautomatisch per ferngesteuertem Schrittmotor anvisiert werden. Erzeugen komplexe Objektgeometrien mit vielen Vor- und Rücksprüngen „Mess-Schatten“, ist eine mehrfache Aufstellung an unterschiedlichen Standpunkten erforderlich. Die fertigen Aufmaßskizzen werden parallel in das zum System gehörende Aufmaßprogramm drahtlos per WLAN oder Bluetooth übertragen, sodass man direkt vor Ort sieht, ob alles vollständig erfasst wurde. Die dreidimensionale Aufmaßskizze kann man anschließend per DXF-Schnittstelle in CAD-Programme einlesen, mehrere Aufmaße gegebenenfalls über Passpunkte zusammenführen und direkt für die Konstruktion und Planung verwenden. Einige Systeme erlauben zusätzlich eine automatische Messdatenerfassung entlang einer zuvor definierten Linie oder Fläche, womit beispielsweise Oberflächenunebenheiten erfasst werden können. Eine weitere Funktion ermöglicht die Projektion geometrischer Punkte aus einer CAD-Datei in den realen Raum. Damit können beispielsweise Ausschnitte oder Bohrbilder exakt auf Wände, Decken oder Böden markiert werden. Für kurze Distanzen und kleinere Objekte eignen sich übrigens auch drahtgebundene tachymetrische Systeme, wie z. B. der Proliner von Prodim. 3D-Messdaten werden damit manuell über einen per Drahtseil mit dem Messgerät verbundenen Mess-Stift bis zu einer maximalen Reichweite von 20 m präzise erfasst.

3D-Laserscanner erfassen alles

Je komplexer die Geometrie, je stärker strukturiert das zu messende Objekt ist, desto aufwendiger ist eine Einzelpunkt-Erfassung und desto effizienter ist das 3D-Laserscanning, auch terrestrisches Laserscanning (TLS) genannt. Dieses eignet sich insbesondere für detailreiche Strukturen wie z. B. Stahl- und Holzkonstruktionen oder die Gebäudetechnik. Dabei erfasst ein vertikal rotierender Laserscanner, der sich auch horizontal um die eigene Achse dreht, die Umgebung automatisch. Während einer 360 Grad-Umdrehung werden alle vom Gerätestandpunkt aus sichtbaren Objekte über ihre räumliche Koordinatenwerte geometrisch erfasst und gespeichert. Im Gegensatz zu tachymetrischen Systemen werden nicht einzelne, markante Objektpunkte gemessen, sondern die gesamte Umgebung rasterförmig abgetastet und dreidimensional in Form einer mehrere Millionen 3D-Messpunkte umfassenden „Punktwolke“ erfasst. Eine integrierte Digitalkamera liefert zusätzlich Bildinformationen, aus denen 360-Grad-Fotopanoramen generiert werden. Der gesamte Messvorgang läuft in wenigen Minuten ab, sodass etwa der Baustellenbetrieb kaum beeinträchtigt wird. Allerdings relativiert sich dieser Zeitvorteil bei der anschließenden Auswertung der Punktwolken, die etwas aufwendiger ist. Dabei werden die Messdaten im Büro in eine spezielle Software (ab ca. 3.000 Euro) eingelesen, die einzelnen Punktwolken über Referenzpunkte passgenau zu einem Gesamt-Scan zusammengefügt, ausgerichtet, ausgeschnitten, gefiltert und anschließend im CAD-Programm manuell oder halbautomatisch in CAD-Elemente oder BIM-Bauteile umgewandelt. Für eine Schnellauswertung lassen sich auch Grundrisse, Schnitte oder Schnittansichten generieren, indem man durch die Punktwolke eine Schnittebene legt. Einige CAD-Programme verfügen inzwischen auch über Punktwolken-Bearbeitungsfunktionen, was den Workflow von der Punktwolke zur verarbeitbaren CAD-Vektordatei etwas vereinfacht. Es gibt auch mobile 3D-Laserscanner, die ihre Umgebung erfassen können, während sie in Bewegung sind. Dazu gehören handgehaltene, auf Tragegestellen, Fahrzeugen oder unter Drohnen montierte Systeme, von Faro, GeoSLAM, Leica Geosystems, Trimble etc. Aufgrund ihrer geringeren Genauigkeiten, verglichen mit den zuvor genannten Systemen, eignen sie sich allerdings eher für die grobe Erfassung, etwa von Standard-Grundrissen.

Welches System ist wann sinnvoll?

Entscheidend für die Wahl des passenden Aufmaßsystems ist die Frage, welche Objekte vorwiegend aufgemessen werden. Sind es einzelne Bauteile, z. B. Treppen, sind es Räume, komplette Geschosse oder Gebäude samt Gebäudehülle? Werden einfache Aufmaße von Standardräumen oder von schiefwinkligen Räumen, Fachwerk- oder Dachkonstruktionen benötigt? Während kleine, überschaubare, polygonale Objekte sehr effizient mit tachymetrischen Messgeräten erfasst werden können, eignen sich für verformungsgerechte Aufmaße, für runde, frei geformte oder stark strukturierte Objekte 3D-Laserscanner besser. Da diese das gesamte Umfeld sowohl maßlich als auch fotografisch erfassen, kann man später alle Maße abgreifen – auch jene, an die man zum Aufmaßzeitpunkt nicht gedacht hat. Auch die Distanz zu den Messobjekten spielt bei der Wahl eine Rolle – zum einen wegen der Messgenauigkeit, die bei allen Systemen mit der Entfernung abnimmt. Zum anderen bei tachymetrischen Systemen wegen der Anvisierung von Messpunkten, die mit zunehmender Distanz und Umgebungshelligkeit schwieriger wird. Deshalb verfügen sie neben einer Schrittmotor-Steuerung meist auch über eine integrierte Digitalzoom-Kamera mit Fadenkreuz, die Messungen auch bei hellem Tageslicht sowie Dokumentationsfotos ermöglicht. Grundsätzlich sind aber für Außenaufmaße – etwa von Fassaden oder Geländeprofilen – 3D-Laserscanner besser geeignet. Hybride Aufmaßsysteme, z. B. „HottScan“ von Hottgenroth, kombinieren die Tachymetrie mit dem 3D-Laserscanning und der Fotogrammmetrie. Will man ein verwertbares 3D-Geometriemodell erhalten, müssen nach der Messung mit der mitgelieferten Modellierungs-Software die Mess- und Fotodaten ausgewertet und dabei die Räume oder Objekte dreidimensional konstruiert werden.

Worauf solle man bei der Auswahl achten?

Wichtig für das gewünschte Einsatzspektrum sind der Messbereich und die Genauigkeit. Für Innenbereiche genügen Messbereiche von 0,5 bis 50 bzw. 80 m, im Außenbereich bis 800 oder 1.000 m. Bei den Genauigkeitsangaben sollte man auf die Distanzgenauigkeit, die Winkelgenauigkeit und die 3D-Punktgenauigkeit achten. Die Distanzgenauigkeit nimmt bei allen Systemen mit der Entfernung ab. Sie liegt bei einem gängigen Messbereich von 50 cm bis maximal 100 m zwischen ± 1 bis 5 mm. Mindestens ebenso wichtig ist die Winkelgenauigkeit, die sich aus der Horizontalwinkel- und Vertikalwinkel-Genauigkeit zusammensetzt. Je höher diese ist, desto geringer sind Messfehler auch bei größeren Entfernungen. Die 3D-Punktgenauigkeit gibt an, wie genau ein Punkt im Raum durch X-, Y- und Z-Messkoordinaten erfasst werden kann. Dieser Wert und andere, geräteabhängige Parameter entscheiden über die effektive Messpräzision. Von den Herstellern werden diese Werte aber nicht immer transparent und vergleichbar angegeben, zumal es auch keine Standards in Bezug auf Genauigkeitsangaben gibt. Auch das vertikale, geräteabhängige Sicht- oder Messfeld spielt eine Rolle, das insbesondere beispielsweise beim Aufmaß in engen räumlichen Verhältnissen möglichst groß sein sollte. Wichtig sind auch die maximale Messrate bei tachmetrischen Systemen, respektive die mittlere Scandauer bei 3D-Laserscannern. Unterschiede zwischen den beiden Systemen gibt es bei den Zusatzfunktionen: Während nur tachymetrische Systeme eine Projektion von CAD-Daten ermöglichen, erstellen nur 3D-Laserscanner parallel zum Aufmaß auch 360 Grad-Fotopanoramen, die ein nachträgliches Messen beliebiger Punkte ermöglichen.

Was ist noch wichtig?

Nach dem Aufstellen und Einschalten sollte sich das Messgerät möglichst automatisch nivellieren und im Raum orientieren. Ein Schocksensor sollte warnen, wenn das Gerät versehentlich angestoßen wurde, da dies zu Messfehlern führt. Mit optionalen Sprach- und Textnotizen lassen sich Zusatzinformationen festhalten. Das Gehäuse sollte mindestens nach Schutzklasse IP 54 staub- und spritzwassergeschützt oder noch robuster sein. Geringe Abmessungen und ein geringes Gewicht lernt man schnell schätzen, wenn man das Gerät samt Stativ aufgrund vieler Mess-Schatten häufig umsetzen muss. Bei Außenaufmaßen sollte man auf die Helligkeit des Displays achten. Da die Geräte zum Teil einen hohen Stromverbrauch haben, sollte man auch die Akkulaufzeit beachten. Beim Kaufpreis ist der Lieferumfang wichtig (Erfassungssoftware, Zubehör, Zusatzausstattung etc.) und wie hoch gegebenenfalls regelmäßige Wartungs- und Kalibrierungskosten sind.

Kaufen, mieten oder beauftragen?

Ganz gleich, welches System man einsetzt: Aufmaße gibt es nicht auf Knopfdruck. Bei der tachymetrischen Messung muss jeder Messpunkt einzeln anvisiert und erfasst werden. Dafür hat man sofort ein im CAD-Programm verwertbares Ergebnis. Beim 3D-Laserscanning erfolgt die Messung automatisch, allerdings müssen die extrem großen Messdaten zuvor zusammengeführt, bearbeitet und ausgewertet werden, bevor man sie im CAD-Programm verwenden kann. Wichtig ist, dass der Datenfluss stimmt und die Aufmaßdaten anschließend von Angebots-, Kalkulations-, Abrechungs- oder CAD-/BIM-Programmen nahtlos und verlustfrei übernommen werden. Auch die Amortisation ist wichtig, denn die Kosten für tachymetrische 3D-Systeme liegen etwa zwischen 7.500 und 17.000 Euro sowie zwischen 22.000 und 60.000 Euro und mehr für 3D-Laserscanner – je nach Messgenauigkeit und Messbereich. Hinzu kommen gegebenenfalls Kalibrierungs- und Wartungskosten (zwischen 300 und 5.000 Euro, je nach Anbieter und Leistung). Nicht zuletzt muss das entsprechende Mitarbeiter-Know vorgehalten werden. Wer z. B. nur ab und zu 3D-Aufmaße braucht, sollte sich deshalb genau überlegen, ob sich Investitions- und Betriebskosten lohnen oder ob eine Dienstleistung nicht sinnvoller ist, denn nur bei einer mehrmaligen monatlichen Nutzung amortisiert sich die Investition in der Regel. Bei geringerer Auslastung sind eine Gerätemiete oder ein Aufmaß-Dienstleister die bessere Wahl. Die Mietkosten betragen, abhängig vom Gerät und der Mietdauer, ca. 40 bis 100 Euro/Tag (Tachymetrische Systeme) bzw. 200 bis 500 Euro/Tag (TLS), zuzüglich Versand- und ggf. Versicherungskosten (ca. 80 Euro). Beim Dienstleister solle man darauf achten, dass dieser nicht nur das System bedienen kann, sondern auch über das Know-how und die Softwarewerkzeuge verfügt, um das Gewünschte liefern zu können: 2D-Grundrisse, Ansichten und Schnitte, 3D-Aufmaßskizzen, ein 3D CAD- oder BIM-Modell oder CAM-Daten.

Weitere Hersteller und Dienstleister*

Weitere Hersteller sind u.a.:

www.artec3d.com, www.deltasphere.com, www.geo-fennel-ecoline.de,
www.geomax-positioning.com, www.geoslam.com, www.prodim.eu, www.riegl.com,
www.surphaser.com, www.teledyneoptech.com, www.zofre.de


Aufmaß-Dienstleister sind u. a.:
www.3d-aufmasse.de, www.3dlasca.de, www.3dscan-solutions.de, www.ez35.de, www.hiermeier.com, www.laser-scanning-architecture.com, www.scanner2go.de, www.tedicad.com, www.wekoplan.de

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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