Vom Laserscan bis zum digitalen Zwilling

Digitaler Workflow beim Bauen im Bestand schafft Präzision, Effizienz und Nachhaltigkeit

Sanierungen sind komplex. Mit Laserscan und der BIM-Software „bocad“ zeigt Schultheis Stahlbau, wie ein digitaler Workflow die Präzision, Effizienz und Nachhaltigkeit vom ersten Scan bis zur passgenauen Montage sicherstellen kann.

Besonders beim Bauen im Bestand zeigt sich die Stärke digitaler Workflows. Ob Stahlbau, Beton oder technische Gebäudeausrüstung: präzise digitale Modelle schaffen die Grundlage für eine effiziente Planung und Ausführung. Denn bauliche Voraussetzungen wie engste Platzverhältnisse, komplexe Bestandskonstruktionen und laufende Medienversorgung machen Sanierungen riskant und anspruchsvoll. Digitale Workflows schaffen hier Sicherheit und Effizienz für passgenaue Planung, Fertigung sowie Montage und bilden zugleich die Basis für BIM und Digitale Zwillinge. Gerade bei Sanierungen wird deutlich, dass Daten die Grundlage für Wartung und Wiederverwendung sind, zugleich die Kosten planbar machen und optimieren.

Projektbeispiel: vom Laserscan zur Montage

Die Schultheis Stahlbau GmbH ist seit 180 Jahren am Markt und verbindet Tradition mit Innovation. Das Unternehmen hat sich insbesondere auf das Bauen im Bestand spezialisiert und setzt dafür neueste Technologien ein. Nur so gelingt es, komplexe Projekte qualitativ hochwertig und zugleich betriebswirtschaftlich erfolgreich umzusetzen.

Digitale Bestandsaufnahme

Im vorliegenden Projekt ging es um die Sanierung einer Medientrasse für Gase, Flüssigkeiten, Strom und Daten. Die Rohrtrasse der Haupttragkonstruktion sollte trotz Korrosion erhalten bleiben. Klassische Vermessung stößt bei Sanierungen solcher Art schnell an Grenzen: Schiefstellungen, konkave Tragwerke oder verwinkelte Leitungsführungen lassen sich konventionell kaum erfassen. Diese Faktoren machten eine konventionelle Vermessung unmöglich. Durch den Einsatz modernster Laserscan-Technologie wurde die komplette Konstruktion millimetergenau als Punktwolke erfasst. Erst diese digitale Datentiefe machte eine fehlerfreie Sanierung möglich. Die Vorteile liegen auf der Hand: höchste Präzision bei der Aufnahme und damit Planbarkeit für die weiteren Schritte von Modellierung über Fertigung bis zur Montage.

Modellierung auf Basis der Punktwolke

Die Laserscandaten wurden in die BIM-Software „bocad“ überführt. Seit 2024 steht das Feature „SmartPointCloud“ durch eine Kooperation mit Qbitec zur Verfügung. Punktwolken lassen sich damit direkt in „bocad“ einbinden und als Referenz nutzen, um daraus passgenaue 3D-Bauteile zu modellieren. „Mit bocad können wir den gesamten Prozess vom ersten Scan bis zur Montage durchgängig digital abbilden. Das spart uns Zeit und erhöht die Planungssicherheit,“ erklärt Holger Lotz, Leiter technisches Büro bei Schultheis Stahlbau. Und ergänzt: „Mittels der Laserscantechnologie haben wir uns dieses Projekt zugetraut.“ Das Ergebnis: 30 individuell geplante Rahmen, exakt zwischen Leitungen und schiefen Stützen eingepasst. Jede Schraubverbindung wurde modelliert, Anschlüsse präzise geplant.

Planung und Kollisionsprüfung

Die digitale Modellierung erlaubte es, sämtliche Medienleitungen, Kabeltrassen und die bestehende Tragstruktur zu berücksichtigen. Potenzielle Konflikte und Störkanten wurden im Vorfeld simuliert und ausgeschlossen. „Damit war sichergestellt, dass die neue Konstruktion perfekt in den Bestand passt“, hebt Holger Lotz hervor.

Fertigung

Die Fertigung erfolgte direkt auf Basis der digitalen Modelle. Alle Bauteile wurden millimetergenau vorbereitet und zur vollständigen Verschraubung ausgelegt. Das exakte Aufmaß war der Erfolgsfaktor: Während rund zwei Drittel der Anschlusspunkte am Bestand neu gebohrt werden mussten, konnte ein Drittel exakt auf vorhandene Bohrbilder abgestimmt werden, ein direkter Vorteil der präzisen Laserscandaten.

Montage im Bestand

Unter engen Platzverhältnissen wurde die alte Konstruktion Stück für Stück mit Säbelsägen demontiert. Funkenflug musste dabei ausgeschlossen werden. Parallel wurden empfindliche Glasfaserkabel geschützt. Trotz dieser Bedingungen gelang die Montage ohne Nacharbeit vor Ort. Zudem konnte während der gesamten Bauzeit ein unterbrechungsfreier Betrieb der Medienversorgungen sichergestellt werden.

Digitaler Zwilling

Das Projekt zeigt, wie digitale Workflows im Bestand entscheidende Vorteile bringen: Präzision, Effizienz und Sicherheit. Die Möglichkeit, Punktwolken direkt in „bocad“ einzubinden und daraus bauteilorientierte Modelle abzuleiten, machte den Prozess vom Scan bis zur Planung durchgängiger als je zuvor. Die daraus entstehenden Daten bieten zudem Vorteile im BIM-Prozess: Sie sichern eine präzise Planung, ermöglichen reibungslose Zusammenarbeit und erhöhen die Planbarkeit. Doch der Nutzen reicht bis in den Betrieb und die Wartung. So lassen sich Wartungsintervalle zuverlässig planen, Rohre rechtzeitig austauschen oder Umbauten gezielt vorbereiten. Im Digitalen Zwilling werden relevante Informationen gebündelt und bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Damit wirkt er auch am Ende des Lebenszyklus: Beim Rückbau können Bauteile dokumentiert, geprüft und in neuen Projekten ggf. wiederverwendet werden, was Kosten reduziert und Ressourcen schont.

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